Dienstag, 26. Januar 2016

Gedankenknospen


Dort, an der windgeschützten Stelle, wo die Sonne die Steinmauer bereits etwas aufgewärmt hat, ist es angenehm warm. Eine Mutter stillt ihr Baby, der Hund hat sich ebenfalls bei ihr niedergelassen und döst. Die Frau hat zudem nebenbei ein Auge auf die etwas grösseren Kinder, welche unter dem Haselstrauch mit kleinen Zweigen, Zapfen und Steinen ein Zwergendorf aufbauen. Die drei grossen Schulmädchen füttern derweil die Hühner und versuchen, der zahmen Henne ein Kunststück beizubringen.

Die Sonne brennt auf die Gartenbeete, wo zwei Frauen die Erde auf eine neue Saat vorbereiten. Sie wechseln dann und wann einige Worte, tauschen sich aus über dies und das. Währenddessen gehen die Männer mit Schaufeln und Hacken ans Werk, die Fläche für die neue grosse Feuerstelle will ausgeebnet werden. Ein Mann trägt sein schlafendes Enkelkind in der Traghilfe und bereitet für alle den Zvieri vor.

Wer arbeiten möchte, arbeitet. Wer sich zurückziehen will, geniesst ganz für sich allein eine stille Ecke des Gartens.

Gegen Abend wird der neue Feuerplatz eingeweiht. Heisse Kartoffeln aus der Glut, etwas Käse, Brot, Wasser und Wein. Während die Grossen über Bohnensorten, neue Apps, die Lage in Nahost und das perfekte Anti-Mücken-Mittel fachsimpeln, geniessen die Kleinsten die freundliche, gemütliche Atmosphäre und knüpfen mutig Kontakte. Die grossen Mädchen erzählen den kleineren Kindern auf dem Gartensofa, in warme Decken gehüllt, Geschichten von verzauberten Prinzen und Prinzessinnen. 

Klingt doch wunderbar, oder nicht? Ein Traum? Ein unerfüllbarer Traum? Zuviel Bullerbü, Lönneberga und Villa Kunterbunt in einem?

Wir haben Platz genug, wo dieses Lebensgefühl Gestalt annehmen könnte. Ob es noch andere gibt, welche Lust auf eine Realisierung haben? Gibt es hier in der Nähe Menschen, die nicht in "mein", "dein", in Franken und Mann-/Fraustunden rechnen? Die Kinderbetreuung mit Saatgut mit einer warmen Mahlzeit mit nicht mehr benötigter Kinderkleidung "bezahlen" möchten? Die an den Wert von Freundschaft glauben? Die ihre Kinder am liebsten Kinder sein lassen?

Wir haben mit unserem "Stall" die letzten Jahre erlebt, dass die Menschen gerne bei uns einkehren und ihre Freizeit bei uns verbringen. Vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, in der das gemeinsame Tun Einzug hält in unserem Leben.

Obwohl es noch weit ist bis zum Blühen und Wachsen, in meinem Kopf und Herzen spriessen Bilder und Ideen. Ob aus diesen zarten Knospen einst prachtvolle Blumen werden, weiss ich nicht.

Was meinst du? Würdest du dir einen Strauss pflücken wollen von diesen Pflänzchen?

Donnerstag, 21. Januar 2016

Die Fischerin vom Bodensee



Zum Glück hat der Winter so lange auf sich warten lassen.
Jetzt passt alles zusammen.

Anleitung: Fisherman Pullover von Veera Välimäki
Wolle: Bingo von Lanagrossa (100% Schurwolle)



Sonntag, 17. Januar 2016

Eulenglück


Wie erfrischend und beflügelnd ist der Spaziergang durch die zauberhafte Winterlandschaft. Der Hund rennt übermütig um mich herum, der Schnee stiebt trocken unter meinen Füssen, die Sonne lässt mich blinzeln. Stille. Ein Gefühl von Neuanfang.

Ich geniesse jede Minute in vollen Zügen. Bald ist dieses Winterwetter wieder Vergangenheit. Ist es nicht phantastisch, in einer Klimazone zu leben, welche uns vier Jahreszeiten beschert?

Ich erfreue mich an der winterlichen Kälte und Klarheit. Später dann lasse ich mich begeistern vom Frühling mit dem Ruf des Kuckucks, dem munteren Gurgeln des Baches hinterm Haus und den Düften nach Erde und spriessendem Gras. Im Sommer dann liebe ich die langen trägen Tage, das Barfusslaufen, den Geruch von Minze und die kühlen, geselligen Abendstunden. Der Herbst schliesslich ist ganz "meine" Jahreszeit. Das melancholische Abschiednehmen, welches sich in der Natur zeigt, Tom Waits, Rilke, Tee und die ersten Nebel verbünden sich mit meiner inneren Gestimmtheit.

So schnell die Schönheiten jeder Jahreszeit einander abwechseln, so schnell sind auch die mühsamen Aspekte immer gleich wieder vorbei. Die unfreundliche Kälte im Winter, wenn man frühmorgens das Haus verlassen muss, der Matsch im Frühling, die Hitze im Sommer, die ersten Halsschmerzen im Herbst, alles dauert nie so lange an, als dass man sich ernsthaft darüber ärgern könnte.


Mir fällt eines unserer Bilderbücher ein: Eulenglück* von Celestino Piatti. Zwei Eulen werden von der Hühnerschar um das Geheimnis ihrer Zufriedenheit gefragt. Die Antwort wird aber vom hedonistischen Hühnervolk nicht verstanden. Ich habe die Geschichte schon unzählige Male erzählt, aber noch nie habe ich sie so tief empfunden wie heute.

Im Moment gelingt es mir gut, eine Eule zu sein.


*Es handelt sich hierbei nicht um Werbung. Ich schreibe aus freien Stücken von meinen Gedanken und Erlebnissen. Dass ich dabei dann und wann etwas erwähne, was käuflich ist, lässt sich nicht vermeiden.

Samstag, 16. Januar 2016

Das Messer


Seit Weihnachten ist der Frischling ein Messerträger. Uns gefällt das schlichte Modell mit nur einer Klinge, welche sich mit einem Sicherheits-Drehring fixieren lässt. Das ist gut verständlich für ein detail- und routineverliebtes Kind (Drehring öffnen, Klinge aufklappen, Drehring schliessen. Kontrollieren. Dann Drehring öffnen, Klinge einklappen, Drehring schliessen. Kontrollieren. Und so weiter, und so fort). Mit seinen noch nicht einmal vier Jahren kann man ihn für zu jung halten, mit einem solchen Werkzeug umzugehen. Kann man. Wir nicht.

Wichtig ist es, dass Kinder und Erwachsene die neun Schnitzregeln kennen und anwenden. Der Junge kennt sie, trotzdem darf er aber nicht ohne unser Beisein schnitzen, und das wird wahrscheinlich auch noch ziemlich lange so bleiben. Auch in der Waldspielgruppe durfte er es nur geschlossen herzeigen, obwohl es dort ältere Kinder gibt, die bereits selbständig schnitzen. Dass seine dortige Bezugsperson ihm dann mit seinem eigenen Messer einen Drachen aus dem Zvieri-Würstchen geschnitten hat, war sein grosses Nachmittags-Highlight.


Hier sind sie also, die neun Schnitzregeln (dass es neun sind, als fehlte bereits der eine Finger für den "runden Zehner", finde ich sehr lustig):

1. Wer schnitzt, die sitzt.
2. Ich schnitze vom Körper weg.
3. Wer schnitzt, braucht eine Armlänge Abstand.
4. Schnitze nur mit scharfer Klinge.
5. Immer nur ein Werkzeug auf einmal aufklappen.
6. Wer sein Messer nicht braucht, packt es ein.
7. Ich gebe mein Taschenmesser nur geschlossen weiter.
8. Wir ritzen keine lebende Bäume.
9. Das Taschenmesser ist keine Waffe.


Dies und anderes Wissenswertes rund ums Schnitzen findet sich auf der Website von Schnitzpapst Felix Immler. Hier lang. Den Comic mit den Schnitzregeln gibts hier.

Und wie haltet ihr es mit Messern, Scheren, Bohrmaschinen und anderem Werkzeug für eure Kinder?

(Jajaja, Bild 3 entspricht nicht Regel 3. War aber richtig und wichtig so beim ersten Schnitzversuch.)



Dienstag, 12. Januar 2016

12 von 12

Einmal habe ich bisher rechtzeitig daran gedacht, mitzutun bei den 12 von 12. Dass es heute wieder einmal soweit ist, entspringt nicht einem Neujahrsvorsatz, sondern schlicht meiner aktuellen Merkfähigkeit. So dürft ihr mich heute also begleiten.

Der heutige Plan: Morgens arbeite ich für die Schule. Ich muss zwingend zwei Berichte fertigschreiben und den morgigen Tag vorbereiten. Derweil vergnügen sich die Kinder mit dem Gefährten, bewegen sich und den Hund und zaubern ein leckeres Mittagessen auf den Tisch. Am Nachmittag fährt dann der Gefährte zur Arbeit, und ich bringe den Jungen für zwei Stunden in die Waldspielgruppe, geniesse das Mädchen und widme mich ein bisschen dem Haushalt. Abendessen wieder gemeinsam, anschliessend normaler Abendwahnsinn.

Die Realität sind aber mal wieder ganz anders aus:

Vor sechs werden alle wach: leichter Pseudo-Krupp-Anfall des Frischlings. Frischling beruhigen, Mädchen stillen. Er steht mit mir auf, das Mädchen und der kranke Gefährte schlafen nochmals ein.

Ich kann ein bisschen arbeiten. Aber bald setzt sich der Junge zu mir und deckt mich ungefragt mit morgendlichen Alltagsphilosophien ein. An ein Weiterschreiben ist nicht zu denken. Ich überlasse ihm den Elektrokram.

 1. Frühstück um 07.00 mit dem Frischling, 2. Frühstück um 09.30 mit der Zaunkönigin.

Damit der fiebernde Gefährte noch ein bisschen schlafen kann, mache ich mit den Kindern einen Ausflug zum Drogeriemarkt.

Verlegenheitszmittag. Da bei uns ja der Gefährte kocht, heute dazu aber nicht in der Lage ist, muss ich mein Glück versuchen. Es gibt improvisierte Pizza. Sie schmeckt scheusslich.

 Auf zur Waldspielgruppe!

Während der Frischling mit seinen Kameradinnen und Kameraden durch den Wald tobt, darf ich ganz kurzfristig die Zaunkönigin und den Hund meinen Eltern anvertrauen. So kann ich wenigstens die Berichte fertig schreiben.

 An den Tieren geht das nasskalte Wetter auch nicht spurlos vorbei. Miese Laune überall.

 Beim Einsammeln der Familie werde ich dafür mit einem imposanten Weitblick beschenkt.

Imposant auch des Frischlings ganzer Stolz: Ein echtes Schnitzmesser! Seit Weihnachten in Hosentaschen oder zur Not direkt in den Strumpfhosen getragen, ist er seit gestern stolzer Besitzer eines massgeschneiderten und handgenähten Lederholsters. Danke lieber Neni!

Die Kinder schlafen früh ein, der Junge kränkelt jedoch und wacht immer wieder auf. Während ich die beiden Kinder in den Schlaf begleite, überlege ich mir, was ich morgen in der Schule genau zu tun gedenke.

Anschliessend räume ich noch ein bisschen auf, kontrolliere den Hühnerschieber, lege Holz nach, drucke Arbeitsblätter aus und notiere mir, was ich morgen keinesfalls vergessen darf. Und schliesslich schreibe ich noch diesen Post. Und jetzt: Gute Nacht.

Ich freue mich über jeden Kommentar.
Weil dann Statistik-Zahlen zu Menschen werden.
Dank dir.