Mittwoch, 6. November 2013

Stolperstein: Milk & Honey III


Das Halten und vor allem Essen von Nutztieren (wobei ich diese Bezeichnung irreführend finde) wird von vielen Leuten als verwerflich betrachtet. Ausbeutung, Sklaverei, Mord,...

In loser Folge hier einige Überlegungen.

Als Nutztiere werden (Duden) Tiere bezeichnet, welche vom Menschen gezüchtet oder an ihn gewöhnt wurden, nicht frei leben und aus wirtschaftlichen Gründen gehalten werden (zB. Pferd, Kuh, Schaf, Huhn,...). Katzen und Hunde hingegen zählt man zu den Heimtieren/Haustieren.

°Mein Hund zwingt mich allein durch seine Anwesenheit zu täglichen langen Spaziergängen, welche sich wohltuend auf meine körperliche und psychische Verfassung auswirken. Was ich wohl an Krankheitskosten spare?
°Wer schon einmal ein Geschäft für Tierbedarf betreten hat, weiss, wie riesig der Markt für Hunde ist. Da wird viel, sehr viel Geld umgesetzt. Wirtschaftliche Kalkulation ohne Ende.
°Ich fühle ich mich, nicht zuletzt dank des Hundes, hier in dieser Abgeschiedenheit immer sicher und geborgen. Unbemerktes Eindringen ins Haus verunmöglicht er zuverlässig (und wenn es nur vor überschäumender Freude ist). Kann ich mir dank ihm eine tiefe Versicherungsprämie erlauben?
°Da er ein Sanitätshund ist, notabene im Ruhestand, bezahle ich für ihn keine Hundesteuer, es ist gesetzlich verankert, dass in derlei nützlicher Profession ausgebildete Tiere davon befreit sind.
°Er frisst die Mäuseköpfe, welche die Katzen überall, gerne auch in den Schuhen, deponieren. Zugegeben, wirtschaftlich ist das uninteressant, ansonsten aber umso mehr.
°Er zeigt mir das Wild, meine Grenzen und Gefühle, bevor ich sie selber wahrnehme.
°Er ist und war mir Freund und Lehrer, begleitet mich seit zehn Jahren und weiss wohl mehr von mir, als ich es selbst ahne. Mit ihm erlebe ich das Geheimnis einer uralten Freundschaft, Dankbarkeit und Verbundenheit.

Nutz- oder Haustier?



Meine kürzlich hier eingezogenen Schafe sind per Definition Nutztiere, da sie Lämmer gebären werden, welche wir weiterverkaufen oder schlachten.
°Gleichwohl werde ich sie beim Namen nennen, ihre Lieblingsstellen zum Kraulen kennenlernen, ihre unterschiedlichen Charaktere berücksichtigen lernen und ihre Eigenheiten akzeptieren.
°Ich werde unendlich viel Freizeit mit ihnen verbringen, mich um sie sorgen und mich mit ihnen freuen, ihre Geburten begleiten und dafür verantwortlich sein, dass ihr Leben ein glückliches wird.
°Was sie mich kosten werden (ich weiss, es wird ein finanzielles Verlustgeschäft), ist mir egal.
°Sie werden mich, sofern alles gut geht, rund 10 Jahre begleiten. Ich werde sie kennen und sie mich, vielleicht besser, als ich es mir vorstellen kann. Mit ihnen werde ich das Geheimnis einer uralten Freundschaft, Dankbarkeit und Verbundenheit erleben.

Nutz- oder Haustiere?


Ihr habts gemerkt, ich störe mich nicht am Begriff Nutztiere, weil ich etwas gegen das Nutzen von Fähigkeiten und Erzeugnissen von Tieren habe. Vielmehr glaube ich, dass der Mensch jedes Tier, welches er hält, als Nutztier verwendet. Ganz ehrlich, wenn mich mein Hund nicht irgendwas (was auch etwas sehr ideelles oder emotionales sein kann) nützen würde, ich glaube, dann täte ich mir das nicht an (Zeit, Geld, Verantwortung, Dreck,...). Es ist aber anzumerken, dass ich für meinen Hund wohl auch ein Nutztier bin, schliesslich ermögliche ich ihm ein angenehmes Leben. Wobei mir natürlich bewusst ist, dass ich "am längeren Hebel sitze" und verantwortungsvoll mit meiner Aufgabe umgehen sollte.

Dass wir die einen Tiere essen und die andern nicht, hat weniger mit den Tieren selbst als mit unserer kulturell-religiösen Prägung zu tun. Die einen Tiere werden gegessen, die andern kriegen Geburtstagsgeschenke, Chemotherapie und Diätprogramme. Die Einteilung lässt sich nicht rational rechtfertigen, Schönheit, Intelligenz und kreatürliche Perfektion finden sich auf beiden Seiten. Ob es den einen oder den andern dabei besser ergeht?

Vergleiche ich Äpfel mit Birnen oder sind wir nicht alle einfach Tiere?


(Wie es der Name schon sagt: Unter dem Label "Stolperstein" notiere ich Gedanken, Ungereimtheiten und Überlegungen, welche meinen Weg kreuzen und mich kurz oder etwas länger beschäftigen.)

7 Kommentare:

  1. fein geschrieben und überlegt!
    lieben gruß
    dania

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  2. sind wir wohl. mit den menschen um mich herum hab ich mich auch "zusammengewöhnt" und ich würde sagen, wir profitieren alle durchaus voneinander. und nebenher mögen wir uns auch noch. nutz- und haustiere in einem also, wie offenbar so viele.

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  3. Fein, dieser Stolperstein!
    Bist du das auf dem zweiten Bild? Und was für tolle Malereien an der Wand und auf der Liege!
    Wunderschön, alles.
    Liebe Grüsse!

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    1. Ist schon ein paar Jährchen her, der Hund ist noch nicht mal grau auf dem Bild, aber ja, das sind wir. Und die Malereien sind eine Photoshop-Montage. "Traum des Hundes" nannte ich die Kreation damals, er war gerade in einer sehr jagdpassionierten Phase... Pffff...

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  4. Liebe M.,

    danke für diesen Stolperstein.
    Wahre Worte, zugeneigte Worte.
    Dein Bild mit der Kuh unter Bäumen im Sonnenlicht leuchtet als Desktophintergrund auf meinem Laptop. Das Bild erdet mich ungemein, während ich mich durch meine Masterarbeit klicke.
    Danke.

    Herzensgrüße.
    Marie

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  5. Hund! Sprung! Flugohren! Liebe! Oje, ich liebe Deinen Hund. Fotos von diesem Tier lenken mich ganz fatal vom Blogpost ab.
    Ich liebe aber auch Deine Stolpersteine. Ja, Nutztiere sind sie alle - Wesen, denen der Mensch erlaubt, seinen Weg nicht nur zu kreuzen, sondern auch zu begleiten, die haben etwas als Gegenleistung zu bieten. Projektionsfläche für den Wunsch nach Geschöpfen, die besser sind als der Mensch, Wärme, Freude, und sei es nur an ihrem Anblick oder auch an ihrem Glück. Tiere, die uns freiwillig begleiten, ohne dass wir sie einsperren müssen, erwidern diese Einschätzung, für sie sind wir Nutzmenschen. Daran finde ich nichts Schlimmes, es steht der Liebe nicht im Weg, ermöglicht sie womöglich oft erst. Schlimm ist, wenn es geleugnet, ausgenutzt, pervertiert wird. Wäre ich lieber ein Mastschwein oder ein röchelnder Ausstellungs-Mops mit Parfüm im Fell? ich weiß es nicht, kann es nicht wissen, denke nur: Das Leid des ersteren ist immerhin ein wenig schneller vorbei.

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Ich freue mich über jeden Kommentar.
Weil dann Statistik-Zahlen zu Menschen werden.
Dank dir.