Montag, 28. April 2014

ich und wir


"Niemand ist berechtigt, sich mir gegenüber so zu benehmen, als kennte er mich." 
Robert Walser

Letzthin habe ich eine durch ihre eigene Dünnhäutigkeit irritierte Kollegin darauf hingewiesen, dass sie als frischgebackene Mutter und stillende Frau ja auch noch nicht wieder ganz "sie selbst" sei: Die Antennen voll ausgefahren und hochempathisch für das kleine Bündel Mensch, könne man diese für die Brutpflege wichtigen Qualitäten halt leider nicht per Knopfdruck im Kontakt mit anderen Menschen ausschalten.

Und ich selbst? Seit rund drei Jahren bin ich entweder schwanger, stillend oder gleich beides zusammen. Und es ist kein Ende in Sicht. 

Bin ich eigentlich noch ich? Bin ich zurzeit eine unvollständige Ausgabe meiner selbst? Oder vielleicht eine bessere Version von mir? 

(Der Wicht auf dem Bild ist natürlich der Frischling, damals noch fast ganz glatzköpfig... Es dauert noch ein Weilchen, aber der Geburtstermin vom kleinen Kind rückt unaufhaltsam näher.) 

2 Kommentare:

  1. nach über 27 monaten endlich abgestillt habend (und davor naturgemäß 9 monaten schwangerschaft) kann ich, was mich betrifft, mit sicherheit sagen :: ich fühle mich deutlich mehr in mir jetzt – nach allem, im sinne von: mit all den erfahrungen und zugleich: meinen körper wieder mehr für mich habend.

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  2. Das geht mir sehr, sehr ähnlich, nur minus läppische 20 Monate Stillen - mehr Ganzsein als vor dem Kind, vor allem aber deutlich mehr als in dieser seltsamen, intensiven Zeit, in der alles in mir auf diesen kleinen Menschen ausgerichtet war.
    Aber - unvollständig? In einem Ausnahmezustand. Werdend. Ganz den Gezeiten unterworfen. Ich habe das nicht sehr genossen, aber ich glaube, man kann das tun, und dann ist man auch in dieser Zeit nah bei sich. Aber eben auch ganz nah an der Erkenntnis, dass dieses "Ich", das uns gern so fest umrissen erscheint, doch im Grunde etwas ist, was wir selbst konstruieren, aus tausend Versatzstücken und Zuständen zu etwas zusammenbauen, das uns vollständig und schlüssig erscheint.

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Ich freue mich über jeden Kommentar.
Weil dann Statistik-Zahlen zu Menschen werden.
Dank dir.