Sonntag, 23. November 2014

Die spinnen, die Römer!


Dieses erste Verarbeiten von Wolle ist nur ein kleiner Testlauf einer winzigen Menge (ca. eine Einkaufs-Papiertüte). Ich wollte einfach endlich wissen, was es da alles zu tun gibt, wie es sich anfühlt, und was da so dabei herauskommt, wenn ich mich auf dieses Material einlasse.

Das Sortieren der verschmutzen Wolle war nicht ganz einfach. Was geht noch? Was gehört weggeworfen? Ich habe wohl eher ein bisschen zu gründlich vorsortiert, das anschliessende Waschen und Kämmen beseitigt noch Heu und Gras und löst auch kleinere Verklebungen. In Zukunft werde ich aber direkt beim Scheren die richtig stark verschmutzten Stellen, sprich Kot im Fell, bereits grosszügig aussortieren. Dies wäre überhaupt nicht eklig, Monate später wird es das aber.

Dann wird die Wolle in sehr warmem Wasser mit etwas Spülmittel und Waschsoda zwei- bis dreimal für rund 20 min. gewaschen (eingelegt) und anschliessend mit mehreren Gängen klarem warmen Wasser gespült. Zum Schluss wird geschleudert, tatsächlich. Allein Temperaturschwankungen des Wassers und Kneten der Wolle sollte man unterlassen. Das anschliessende Trocknen dauert jetzt im geheizten Haus nicht lange.

Danach folgt das Kardieren der Rohwolle. Da es mir an Handkarden mangelt, habe ich fürs erste zwei grosse Hundebürsten mit Metallstiften gekauft. Die sind den Handkarden ziemlich ähnlich, günstig und reichen für meine Testzwecke allemal. Und wenn man bedenkt, dass früher für diese Arbeit echte Karden (Pflanzen) benützt wurden, ist ja bereits so eine Hundebürste ein High-Tech-Gerät. Kardieren ist eine ziemlich langwierige, aber schöne Tätigkeit. Perfekt geeignet für einen langen Novemberabend, flankiert von Tee und Hörbuch. Durchs Kardieren entstehen diese herrlich fluffig-leichten Wollwölckchen, wie man sie fürs Filzen oder andere Bastelarbeiten kaufen kann.

Die kardierte Rohwolle kann nun nass- oder nadelgefilzt oder versponnen werden. Da ich zufälligerweise im Besitz einer Handspindel bin, habe ich mich im Spinnen versucht. Der Einstieg ist eine ziemliche Herausforderung, aber schnell lernen die Finger das Material kennen, die Bewegungen werden runder, die Entspannung während der Arbeit setzt ein. Noch immer bin ich sehr langsam, aber was sich da so langsam auf der Spindel aufwickelt, freut mich sehr. Ein ziemlich dünner, einigermassen regelmässiger Faden wird lang und länger.

Anschliessend wird noch das Verzwirnen folgen. Der Faden ist ja erst gedreht, steht also unter Spannung, erst mit sich selbst oder einem zweiten Exemplar verzwirnt, entspannt er sich. Man muss also zwei Meter Wolle spinnen, um am Schluss einen Meter Wollgarn zu erhalten.

Und dann kann man endlich zu stricken beginnen.

Mein erstes Fazit:
Die Arbeit ist keine Hexerei, jedoch sehr zeitaufwändig. Sie muss um ihrer selbst willen gemacht werden, dann ist sie wunderbar.

Auf jeden Fall hat es eine ganz neue Qualität bekommen, den Schafen beim täglichen Besuch das Fell zu kraulen. Dass aus ihren Kutten auf ganz archaische Art und Weise, ohne Strom (ausser in meinem Fall fürs warme Wasser und den Schleudergang) und kompliziertes Gerät ein langer, reissfester, tatsächlich weiter zu verarbeitender Faden entstehen kann, rührt mich eigenartig an. Es ist gut, dass diese drei Schafe hier mit uns leben. Holz und Heu einzulagern, Obst zu dörren und einzukochen, das Feuer zu hüten und Wolle zu spinnen; in diesen einfachen und uralten Tätigkeiten liegen für mich ungeahnte Freude und ein grosses Glück.

Mittwoch, 19. November 2014

haarige Zeiten


Es ist wohl eine Form von Sturheit, vielleicht sogar eine winzige Rebellion, Verweigerung gar. Trotz aller Pläne, Verpflichtungen und anstehender Herausforderungen dieses Projekt zu starten, grenzt an Wahnsinn. Und macht wohl genau deshalb so schampar viel Spass.



Freitag, 14. November 2014

Kommen und Gehen


Wenn ich im Nebel unterwegs bin, lösen sich immer wieder zarte Schemen aus dem lichten Grau, um als 
Bäume, Zäune, Sträucher 
vor mir aufzutauchen und Gestalt anzunehmen. 
Die Welt kommt auf mich zu, offenbart sich mir.


Wenn ich anschliessend die Fotos solcher Spaziergänge betrachte, sind darauf 
Bäume, Zäune, Sträucher 
zu sehen, welche im Nebel verschwinden. 
Auf den Bildern zieht die Welt sich zurück, versteckt sich vor mir.

Sonntag, 9. November 2014

Nebelsonntag


Wie eigenartig, dass Glockengeläut gleichwohl zu hören ist.
Eine Ferne nur aus hellem Grau.
Und dazwischen, in nächster Nähe immer, herbstlicher Farbrausch.









Donnerstag, 6. November 2014

Alpha: Was will ich eigentlich?


Variante 1:
Hm, da vorne liegen Pferdeäpfel auf der Strasse. Da wird sich der Grüsel sicherlich wieder draufstürzen. Das ist einfach zu eklig. Ja, er hat sie auch schon gesehen. Bestimmt läuft ihm schon das Wasser im Mund zusammen. Wäki. "Nein, friss die nicht, du Sauniggel." Ach, nützt alles nix. Er steht einfach drauf. Ob ich ihn mal wieder entwurmen sollte?

Variante 2:
Hm, da vorne liegen Pferdeäpfel auf der Strasse. Das gibt gleich ne kleine Übungseinheit für uns. "Hey, guck mal!" Toll, wie der mich immer anguckt. So lieb. Und verfressen. Blickkontakt gibt schliesslich auch ab und zu ne Belohnung... Jetzt aber flott ausgeschritten, damit er ein bisschen Gas geben muss, weil ich ihn sonst abhänge. "Aus!" Tja, verfressen wie eh und je, aber das Kommando sitzt immer noch. Und hopp.

"Mache nicht Sitz." Ein solches Kommando kann ein Hund nicht korrekt ausführen. Kennt er den Befehl "Sitz", wird er sich sofort setzen. Aber auch wenn es ohne eindeutige Befehle zu und her geht, wird es schwierig für das Tier. Bei allem "mach das nicht" konzentrieren sich alle Gedanken auf "das", was auch den Körper beeinflusst. Bei V1 des oben genannten Beispiels heisst das: Mein Blick richtet sich auf die Pferdeäpfel, meine Schritte werden kürzer und steifer, der Nacken leicht angespannt, der Atem flacher. Die Welt besteht nur noch aus Pferdeäpfeln und der Hund kann gar nicht anders, als sich ihnen zuzuwenden. Auch wenn ich mit ihm schimpfe, wenn er das unerwünschte Verhalten zeigt, ist es für ihn schwierig, davon abzulassen, obwohl er meinen Unmut natürlich mitkriegt. Ihm fehlen jedoch die Ideen, was er stattdessen mit sich anfangen könnte. V2 zeigt eine mögliche Lösung. Ich fokussiere die erwünschte Tätigkeit (zügiges Vorbeigehen), unterstütze den Hund mit einer angenehmen Tätigkeit (guck!) welche nicht mit dem unerwünschten Verhalten vereinbar ist und reagiere notfalls noch mit einem klaren Signal (aus!), welches der Hund schon tausendmal geübt hat. Vorteil von V2 ist, dass sie viel effektiver ist und allen Beteiligten auch noch richtig Spass macht.

(Esoterische Kreise sprechen hier von Tierkommunikation. Die Tiere könnten die Bilder lesen, welche wir denken. Wenn man also denke: "Friss das nicht.", sei das Bild ein fressender Hund, und deshalb werde dem Hund nicht das gewünschte Verhalten vermittelt. Man müsse vielmehr an einen flott dahintrabenden Hund denken, dann sehe das Tier, was von ihm erwartet werde. Bilder hin oder her, egal ob der Hund in oder an unserm Kopf liest, der Effekt ist der gleiche.)

Alles ganz einfach. Und einleuchtend.

Wem der Hund fürs Ausprobieren fehlt, dem sei die Umformuliererei im Umgang mit dem Kind empfohlen. Verkneift euch also ab sofort:
"Stör mich jetzt bitte nicht." (Das "bitte" ist ja nett gemeint, aber in diesem Zusammenhang nutzlos.)
"Achtung, fall da nicht runter."
"Ui, schütte das Glas Wasser nicht aus."
"Trödle nicht so rum."
"Mach jetzt keinen Terror!"
...


Achtung: Das Ganze ist ein Zweistufen-Plan: Relativ einfach gelingt das „Halt dich fest!“ statt „Fall nicht runter.“ Bei kniffligeren Situationen, wie sie im Alltag mit Kleinkind ständig auftauchen, braucht es etwas mehr geistige Beweglichkeit. Das „Fass nichts an.“ am Postschalter mit den fiesen Schokoauslagen in Kleindkindhöhe kann man zwar durch ein „Lass das!“ oder „Hör auf damit!“ ersetzen, wenn das frohe Ausräumen losgeht (Beim Hund kommt an dieser Stelle das „Aus“, Leute wie ich verwechseln da bisweilen auch die Klienten...). Vermutlich braucht das Kind hier aber eine präzisere Ansage, was von ihm erwartet wird. Viel eleganter ist es beispielsweise, dem Kind in dieser Situation die überaus wichtige Funktion des Einfaufstaschen- oder Schirmhalters zu übertragen. Oder einen kleine „Wer-kann-länger-auf-einem-Bein-stehen-Challenge“ vom Zaun zu brechen. Oder es zu fragen, ob es den Vers für den Weihnachtsmann eigentlich noch auswendig aufsagen kann. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Meistens sind es allein schon die bewussten Gedanken, welche den Unterschied ausmachen. Wenn man sie aber ausspricht, wirken sie, gerade für Anfänger auf diesem Gebiet, stärker. Und man merkt auch schneller, wenn man mal wieder in die Falle tappt.

Es ist auch spannend, wie schwierig es einem manchmal fällt, rasch sagen zu können, welches Verhalten man denn eigentlich erwartet. Aber wenn man es nicht einmal selber richtig weiss, wie soll es denn das Kind wissen können?

Das Ganze lohnt sich übrigens nicht nur bei Hunden und Kindern, sondern auch bei Partnern und Pferden. Vielleicht auch bei Fischen. Viel Spass euch allen! Ich freue mich auf Kommentare!

P.S.: Ich habe den Wunsch nach Erziehungsratgeber-Empfehlungen zur Kenntnis genommen. Liste folgt. Irgendwann später in dieser Alpha-Reihe.

Ich freue mich über jeden Kommentar.
Weil dann Statistik-Zahlen zu Menschen werden.
Dank dir.