Beziehungsorientierte Elternschaft!
Freies Spiel!
Selbstwirksamkeit!
Tragen! Stillen!
Gewaltfreie Kommunikation!
Genderneutrales Spielzeug!
Plastikfreies Kinderzimmer!
Klingt alles super, aber doch manchmal ein bisschen sehr nach viel Arbeit. Ist er uns wirklich dermassen abhanden gekommen, der einfache und intuitiv "richtige" Umgang miteinander?
Ich mag
diese Site, welche "Frühförderung" so anders und wohltuend unspektakulär definiert. Aber dass ihre Schaffung offensichtlich nötig war, erschüttert mich.
Auch die Sendung
Kontext erzählt mir über Frühförderung und Kinderspiel, was ich voll und ganz bejahe. Aber hatte man das tatsächlich vergessen können, dass Kinder lernen im freien Spiel?
Einer meiner Lieblings-Erziehungsratgeber ist der "Leitfaden für faule Eltern" von
Tom Hodgkinson. Herrlich lakonisch und oft provozierend beruft er sich auf Rousseau und Locke und empfiehlt, die Kinder in Ruhe oder aber für sich arbeiten zu lassen, kein Geld für Spielzeug, Freizeitgestaltung und ähnliches auszugeben, Blockflöten gegen Ukulelen auszutauschen und anderes mehr. Da wird für einmal nicht zuerst gefragt, was das Kind braucht, sondern wie man als erwachsener Mensch mit Kindern unter einem Dach leben will. Hodgkinson gelingt der überraschende Twist, dass genau diese Portion Egoismus das Beste für die Kinder ist, sie stark, selbständig und glücklich macht. Also genau so, wie es sich auch die "konventionelle Ratgeberliteratur" wünscht. Nur einfach viel entspannter.
Hier gibt es eine hübsche Rezension zum Buch. Die propagierte Entspannung und Gelassenheit als Faulheit zu bezeichnen, finde ich unglücklich gewählt bis grob irreführend. Schade, dass das tolle Buch den Titel trägt, den es trägt.
Ich las das Buch das erste Mal, als ich noch keine Kinder hatte und fand es vor allem sehr lustig. Einige Jahre später, mit eigenen Erfahrungen als Mutter und der ausgiebigen Lektüre einschlägiger Literatur, gefällt es mir noch besser. Manchmal, wenn ich mich so umschaue, fühle ich mich deplatziert und einsam mit meinen Schmuddelkindern, meiner Auffassung eines gelungenen Tages, meinen Prioritäten im Alltag mit ihnen (Spass für alle zum Beispiel). Dann ist mir dieses Buch ein guter Freund, ein lieber Verbündeter.
*zum Bild: Die Fotografie ist 1979 entstanden und zeigt meinen Vater und mich. Er ging wohl an jenem Tag eher einfach seinem Hobby nach, als dass er die Paradigmen der bindungsorientierten Elternschaft zu erfüllen suchte (was er aber natürlich ganz nebenbei und selbstverständlich tat). Ich spüre beim Betrachten des Bildes nicht ein "Wir trugen dich ständig herum, das war halt aufgrund der Bindungstheorie furchtbar wichtig, aber schrecklich anstrengend", sondern ein "Unser Leben war schön, wir machten, was uns gefiel, und du warst einfach mit dabei". Dafür werde ich meinen Eltern ewig dankbar sein.
**zu Alpha: Hier fehlt der direkte Bezug zum Tier. Er wäre an den Haaren herbeigezogen. Trotzdem reihe ich den Post in die Alpha-Reihe ein, weil ich mich in dieser ja mit Erziehung im weitesten Sinn beschäftige. Und natürlich kann der denkende Mensch die Grunderkenntnisse auch auf die Beziehung Mensch-Tier übertragen.