Dienstag, 9. Juni 2015

High Noon


Jetzt ist es passiert.
Die Henne, welche mit ihrem Küken im Moment nur betreuten Auslauf erhält, hat dank dem Kleinen überlebt. Ihre beiden Kolleginnen und unser lieber Hahn sind tot.

Gestern zur Mittagsstunde hat sich ein Fuchs Zugang zum Hühnergehege verschafft. Er ist über den stromgeladenen Zaun gesprungen. Eine Henne lag tot im Gehege, eine auf der angrenzenden Schafwiese und ganz viele Federn des Hahns lagen auf unserm Vorplatz (beide sind wohl in Panik über den Zaun geflattert und dann vom Fuchs eingeholt worden), von wo eine Schleif- und Federspur in den Wald führte. Dort fand sich dann auch der Hahn. Ohne Kopf und Hals. Und wenige Meter daneben, eingerollt unter einem Nadelbäumchen, der schlafende Fuchs. Ein wunderschönes Tier. Seit einigen Wochen auf eigenen Beinen stehend und sich das Repertoire aneignend, welches für ein erfolgreiches Fuchsleben vonnöten ist. Kräftig genug, um den Angriff auf unser beeindruckendes Federvieh zu wagen, leichtsinnig und unerfahren genug, dies am heiterhellen Tag in Tat umzusetzen.

Bisweilen mutet unser Leben hier sehr idyllisch an. Vor allem, wenn sorgfältig gewählte Fotos und wohlüberlegte Worte Ausschnitte aus dem ganzen alltäglichen Chaos zeigen. Die Wirklichkeit ist eine andere. Tote Hühner, missgebildete Lämmer.

Wie ich das schreibe, werde ich von der Wirklichkeit überholt. Viturins (unser Flaschenlamm) Bauch ist extrem aufgebläht. Kugelrund. Die herbeigerufene Tierärztin versucht mit einem Schlauch, den sie ihm via Luftröhre in den Pansen einführt, Gas abzulassen. Da kollabiert er urplötzlich. Die Tierärztin beatmet ihn (ich staune!), er kommt wieder zu sich. Sie punktiert seinen Bauch an zwei Stellen und versucht auf diese Weise, Gas abzulassen. Kein nennenswerter Erfolg. Krampflösendes Mittel rundet die Intervention ab. Jetzt sollen wir das Kerlchen rund eine Stunde beobachten und dann entscheiden, ob es ihm besser gehe und man ihm das Durchstehen der Nacht zumuten kann oder ob man ihn von seiner Qual erlösen muss.

Tote Hühner, missgebildete Lämmer, ein lebensbedrohlich erkranktes Lamm.

Der Gefährte setzte sich gestern Abend zum Einschlafen die Kopfhörer auf. "Mit Ravi Shankar beame ich mich jetzt in eine 3-Zimmer-Wohnung einer städtischen Wohnsiedlung." Ja, manchmal hat sogar das was.

Passt gut auf euch und eure Lieben auf.

4 Kommentare:

  1. Danke, dass du das schreibst. Dass auch ich (noch vor kurzem eine Zwei-Zimmer Wohnung in der Stadt bewohnend) in die Realität des "echten" Landlebens geholt werde, von dem ich des öfteren träume. An die ganzen Sorgen und Gedanken denke ich dabei natürlich nicht. Die Sache mit dem Fuchs hast du gut beschrieben. Aus der Sicht des Fuchses hätte es glatt ein Kinderbuch sein können (wenn es nicht die ganzen toten Hühner und Hähne gäbe), solche Bücher lesen wir gerade.
    Ich seufze für dich, es tut mir leid und wünsche bessere, sorglosere Zeiten!
    Viele Grüße,
    Kathrin

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Oh nein, nimm mir nicht die Illussion, der ich mich nach vielen, vielen Jahren des "Ich will auf keinen Fall auf dem Land leben!" gerade hingebe und mich an so manchem anstrengenden Tag einfach auf´s Land wünsche, ins Grün, in die Weite, in die Oase, die ich mit meinen Tieren teilen würde.
    Na prima, da ist also doch nicht alles eitel Sonnenschein.
    Uffz.
    Das passt ja prima in mein momentan ohnehin einfach nur anstrengendes Leben.

    Es ist eigenartig.
    Wie sehr man sich doch über frischgewordenes Fuchsleben freut, so traurig macht die Seite, wenn´s das eigene Federvieh betrifft.
    Wenn mein Hundekind das Hühnerhälseknacken am Nachmittag in der Wohnung verlauten lässt (gehört halt mehrmals pro Monat zum Barf-Plan dazu), dann empfinde ich das als ganz normal.
    Wäre es mein Huhn, das der Fuchs holt, dann wäre ich glaub stinkesauer.
    Komisch, wie das Leben einem so ein Durcheinander bringen kann.

    Jedenfalls drücke ich von ganzem Herzen alle meine Daumen und anderen Finger dazu, dass der kleine Viturin wieder gesund wird und groß und stark werden kann!

    Sag dem Liebsten, dass wir in der städtischen 3-Zimmer-Wohnung gerne öfter mal auf´s Land gebeamt werden wöllten. (Wir könnten einfach mal tauschen ...)

    Jeder hat so das, wonach er sich ab und an sehnt, wenn´s mal wieder unrund läuft.
    Ich für meinen Teil bräuchte eindeutig mehr Grün, mehr Stille, mehr Weite.
    Mit Suna am kleinen Bach zu sitzen und zu spielen, ist da nur ein kleiner Ausgleich zur 3-Zimmer-Realität.

    Herzlichste Grüße
    Katja

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  4. Achach... Kaum zu ertragen, das viele Sterben und all das... Immer wieder denke ich; die Natur ist eigentlich gar nicht so schön. Jede ihrer Schönheiten stützt sich doch im Grunde auf dem Leid und Tod eines anderen. Irgendwie. Fressen und Gefressenwerden, Leben aus Tod, Tod nach dem Leben... Wie schwierig manchmal. Und manchmal doch so leicht...
    liebe GRüsse, von einer, die sich endlich mal wieder Zeit genommen hat, um zu lesen...
    Bora

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Ich freue mich über jeden Kommentar.
Weil dann Statistik-Zahlen zu Menschen werden.
Dank dir.