Mittwoch, 20. Mai 2015

Gedankenmuster {Haus-Haltung}


Die grossen Frauen meiner Kindheit haben anderes zu tun gehabt, als sich um ihre Haushaltsführung Gedanken zu machen. Dian Fossey, Simone de Beauvoir, Artemisia Gentileschi, Piratenprinzessinnen, Weltraumfahrerinnen und Meeresbiologinnen, alle mussten wohl ihre Sachen in Ordnung halten, aber keine von ihnen war eine Martha Stewart oder Marie Kondo. Ihre Lebensthemen waren andere. Und sie waren meine Vorbilder.

Aus mir ist keine Inkaexpertin oder Himalayabesteigerin geworden. Hier gilt es heute unter anderem einen Haushalt zu führen. Und irgendwann musste ich es mir eingestehen: Spannende Frauen hatten und haben wohl wenig Zeit für ihren Haushalt. Der Umkehrschluss, dass ich dank meines vernachlässigten, chaotischen Umfelds aber automatisch zu den interessanten und wichtigen Zeitgenossinnen gehöre, ist aber schlichtweg falsch. Miese Haushaltsführung beweist keinesfalls höhere Lebensinhalte. Autsch.

Es folgte die logische Erkenntnis, dass ich mich aber auch nicht sogleich in ein biedermeierisches Heimchen am Herd verwandle, nur weil ich mein tägliches Tun und Lassen überdenke und da und dort optimiere. Diese Einsicht war tatsächlich, lacht mich nicht aus, erhellend und beruhigend.

Und dann hat mich Tom Hodgkinson (ja, ich mag ihn sehr, hier erwähnte ich ihn bereits) eiskalt erwischt. In "Anleitung zum Müssiggang" zeigt er auf, dass Müssiggänger besonders fleissige, strukturierte Menschen sein müssen. Denn wer z.B. den ganzen Nachmittag mit Lesen, Spazieren und Nachdenken verbringen wolle, müsse am Morgen effizient und konzentriert genug arbeiten, dass er sich damit ein Einkommen verdiene, welches dieses Verhalten zulasse. Müssiggänger seien also nicht, wie landläufig angenommen, faule, sondern besonders tüchtige Menschen.

Adaptiert auf meinen Haushalt heisst das: Gerade weil mir das Reinigen, Aufräumen und all die repetitiven Arbeiten im Haus mühselig und langweilig erscheinen, tue ich gut daran, sie professionell, engagiert und mit kürzestem Zeitaufwand auszuüben. Also gezielte Aufmerksamkeit und Hinwendung, nicht weil ich Haushaltsführung so liebe, sondern im Gegenteil, weil ich viel Zeit für anderes haben möchte.

Diese Gedanken haben bei mir mehr verändert als jeder Vorsatz, jede Aufräumaktion und jeder Haushaltsplan. Vorher habe ich mich jahrelang darüber gewundert, wieso es mir eigentlich so schwerfällt, wohltuende Ordnung und Sauberkeit länger als gefühlte 10 min nach einer Putz-Session aufrechterhalten zu können.

Sofern ihr wie ich zu den Menschen gehört, die zwar stundenlang durch Wohnblogs streifen, jedoch ihre eigenen vier Wände nie herzeigen könnten - kennt ihr eure Saboteure? Eure Gedankenmuster, welche eine echte Veränderung hin zum "Schöner Wohnen" verhindern? Lasst sie mich wissen, ich bin gespannt!

8 Kommentare:

  1. *seufz* ich war früher genau wie du Himalaya-Besteigerin, Aztekenforscher, Detektiv und Astrophysikerin. Immerhin zum Teilchenphysiker hat es dann auch gereicht. Die traurige Erkenntnis: auch das ist ein bisschen anders als man sich erträumte und wird irgendwann zum (mehr oder minder langweiligen und oft ärgerlichem) Alltag.
    Ordnung halten ist auch meine Schwäche. Besonders störend dabei sind mein Hang, Dinge einfach irgendwo hin zu legen -> das räum ich später auf. Hahahaha....
    Ich würde immer gerne mal unsere Küche zeigen, da ich sie so mag. Nur fürs Fotografieren war sie nie aufgeräumt genug. Vor kurzem hatte es meinen Mann mal gepackt und er machte Ordnung und ich schnell Fotos =)
    Aber letztens sprachst du von Pflegen, Liebe, Fürsorge. Das hat mir sehr geholfen!
    Mir hilft es, die Dinge wirklich gleich zu machen. Nichtsdestotrotz versage ich sehr oft daran...
    Viele Grüße,
    Kathrin

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  2. Unser Haushalt lebt. Wurmgleich quillt immerfort irgendwelches Zeug ständig und ohne Unterlass überall hinaus.Ich bewege mich, ohne Quatsch! in einem ständigen Bücken fort, räume nie nicht irgendwas weg, denn oh Graus, wenn ich dies eine Weile nicht tue, wächst das Chaos noch viel grösser als zuvor heraus.
    Ich glaube, kein Gedankenmuster verhindert hier schöneres Wohnen. Der Tag ist zu kurz für einen Hochglanzhaushalt. Und im Sommer ist man doch sowieso meist draussen!
    Liebe Grüsse!

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  3. draussen macht in der Natur jeder sein stück haushalt, jedes tier, jede pflanze, jedes insekt, jede Pflanze und wenn man sie ungestört lässt, wird es bezaubernde Landschaften! und zuhause muss eine einzige person alles bewältigen ? kann nur sein wenn man von früh bis spät arbeitet oder wenn man nichts zuhause macht was *unordnung* bringt, deswegen kommt mir erst heute ein, es ist nicht die sache von eine einzige personn (oft die frau) sondern von alle die im haus wohnen oder vorbeikommen, wie in der Natur, teilen wir die arbeit dann geht das besser ? liebe grüsse und lassen wir uns Zeit zum erleben was wirklich interessant ist !
    monique

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  4. ehrlich :: ich versuchs schon gar nicht mehr ernsthaft. hab beschlossen, dass bestimmte dinge einfach nicht so wichtig sind. haushalt eben. gut, was zu tun ist, wird getan; und ich versuche es auch mit größtmöglicher turbo-effizienz und insbesondere mit möglichst wenig nachdenken, wie wenig lust ich gerade darauf habe. und wir investieren in eine dame, die einmal in der woche macht, was wir beide bis zum erbitterten haushaltstätigkeitenverteilungsstreit hassen :: putzen, nämlich so etwas wie waschbecken, boden usf. macht das leben deutlich leichter und ist die sache so was von wert in meinen augen.

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  5. Mir geht es ähnlich wie Ulma - wat mutt dat mutt, sagen wir hier im Norden. Und dabei kann man, wenn's hilft, albern sein, singen oder einen pflegerischen Gedanken pflegen. Ansonsten: je weniger man hat, desto weniger muss man aufräumen bzw. putzen. Wir haltens eben so spartanisch wie möglich - und doch gibt es Tage, da wünsche ich mich in eine Hütte mit EINEM Teller, EINER Tasse, EINEM Buch, EINEM Strickprojekte und einem einzigen Besen, mit dem ich morgens den blanken Holzboden fege und gut ist :-)

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  6. Liebe Martina,
    wieder scheint uns das gleiche zu bewegen... Ich frage mich, ob Haushaltsführung bei den "emanzipierten" Frauen unserer Generation nicht generell ein Problem ist. Weil wir eben nie das Heimchen am Herd sein wollten, aber es nie geschafft haben, die Mitte zwischen "I don't care" und "ich räum den ganzen Tag auf" zu finden. In letzter Zeit glaube ich immer mehr, dass bei mir tieferliegende Muster dahinter stecken.
    Nunja, das Leben ist ein Wandern, wer weiß, welche Erkenntnisse mir noch bevor stehen. Auf jeden Fall freue ich mich, dass es Dir ähnlich geht, das tut gut zu wissen.
    Alles Liebe!

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  7. Ein guter Post. Schwierig wird es nur, wenn man vormittags nicht effektiv arbeitet und dann trotzdem nachmittags gerne Müßiggang hätte - denn dann gerät das finanzielle Gefüge gehörig aus den Fugen. Trotzdem mag ich diese Weltsicht. Wenn meien Schwetser sich darüber beschwert, dass sie ihr Job nervt, dann rechne ich ihr immer vor, wieviel frei verfügbare und finanzierbare Freizeit ihr diese geregelte Arbeit mit gutem Gehalt, bezahltem Urlaub und bezahlten Krankheitsausfällen aber ermöglicht - ich finde, dann ist die Arbeit als Mittel zum Zweck doch gut zu ertragen. Bei unbezahlter Hausarbeit oder schlecht bezahlten Jobs ohne bezahltem Urlaub und Krankheit ist es mit der Motivation für das Notwendige deutlich schwieriger. Finde ich.
    Es tut mir sehr leid um euer Lamm und eure Hühner. Auch ein Fuchs muss leben, aber ich finde, er sollte es im Wald tun und nicht in der Nähe der Menschen.

    Herzlich, Katja

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Ich freue mich über jeden Kommentar.
Weil dann Statistik-Zahlen zu Menschen werden.
Dank dir.